Vor dem Elburs-Gebirge, welches die Küste des kaspischen Meeres von dem nord-westlichen Teil des Irans trennt, liegt die Stadt Sarayi. Die auf 1800 m liegende Stadt ist wegen ihres kühlen Wetters und der heißen Quellen ein beliebtes Reiseziel vieler Iraner. Die Stadt ist sich der Besonderheit ihrer heißen Quellen bewusst und hat daher ein Thermalbad errichtet, welches reichlich Platz und Wasser für die häufig am Wochenende anreisenden Touristen bietet. Wir haben uns zufälligerweise den ersten Ferientag nach dem Ramadan ausgesucht, um durch Sarayi zu fahren und in das bekannte Bad hineinzugehen. Wie der Zufall es wollte, hatten sich auch gefühlte 5000 andere Reisegruppen für dieses Bad an diesem Tag entschieden. Immerhin mussten wir uns die Freizeitanlage nur mit der Hälfte der angereisten Personen teilen, da es für jedes der beiden Geschlechter ein eigenes Bad gab. Nach Abgabe unserer Schuhe erhielten wir je ein Paar blaue Badelatschen in Größe 42, sowie jeder andere männliche Badegast.
Dass wir die einzigen Touristen in diesem Bad waren, störte uns nicht, wurde uns aber beim Gruppenduschen deutlich. Ungefähr hundert Köpfe drehten sich um als wir den Duschbereich betraten. Nachdem der erste Iraner uns ansprach war das Fragen für alle eröffnet. Mehrfach durften wir Fragen über unsere Herkunft, unsere Reise und unsere Namen etc. beantworten, bevor der erste von uns sich ansatzweise hätte unter eine Dusche stellen können.
Nach der Duschprozedur beschlossen wir einen eher kleineren Pool aufzusuchen, um die Befragung zu begrenzen. Nichtsahnend stiegen wir in einen 3×3 m großen Pool und spürten wie das sechzig Grad heiße Wasser sich um unsere Zähnen und Füße schmiegte. Nachdem die im Pool sitzenden Herrn über unser Schmerz verzierten Gesichter schmunzelten, war unser Ehrgeiz geweckt. Tapfer setzen wir uns zu ihnen in die heiße Brühe und stellten uns dem üblichem Frage- und Antwortspiel. An dieser Stelle ist nochmal zu betonen, dass Iraner unfassbar freundlich und interessiert sind.
Es war daher auch keine große Überraschung, dass wir mit einer Truppe von vier Jungs ins Gespräch kamen und uns sogar mit ihnen anfreundeten – Ahmed, Hussain, Mustafa und Shahid. Sie zeigten uns aneinander die verschiedenen iranischen Massagen, welche jedoch eher schmerzhaft als entspannend aussahen. Ziel von Hussain war es bei der Dehnung von Ahmeds Armen oder der kräftigen Rückenmassage wohl eher seine Freunde auf Ahmeds Kosten zu amüsieren als ihn sinnvoll zu massieren. Ahmed lies es sich aber gefallen und revanchierte sich beim kraftvollem Ringen im Wasser. An Hussains haarigem Rücken fanden Ahmeds schnelle Hände guten Halt und sorgten so für den erhofften Schmerz. Die Jungs waren uns sympathisch.
Nachdem Männertag im Bad luden uns die vier Iraner zum Abendessen ein. Sie waren von der Wüstenstadt Yazd für die beiden Ferientage hergereist und wollten, so wie wir, weiter in den Norden ans Meer. In zwei Autos fuhren wir an den Anfang des Gebirges und hielten in einem für Reisende vorgesehenen Picknickplatz. Die Köche waren an diesem Abend die beiden Ringer, Hussain und Ahmed. Wir wurden als Küchengehilfen eingesetzt und haben Kartoffeln und Würstchen geschnibbelt. Zu unser großen Freude gab es einen leckeren Kartoffel-Würstchen-Ei-Mantsch zum Hauptgang und dazu selbst fabrizierte Pommes. Lecker! Als Nachtisch war neben der Wassermelone die traditionelle Wasserpfeife vorgesehen.
Beim Kartenspielen („Mau Mau“) wurden natürlich Themen wie Politik, Religion und Frauen besprochen und diskutiert. Von Politik im Iran nicht wirklich begeistert, vom Islam überzeugt und von den Frauen…ja und von den Frauen? Die Frauen sind bei denen vier religiösen Jungs wohl das komplizierteste Thema. Zum einen machen sie häufig leicht versaute Witze über Frauen und zum anderen ist das Thema Frau/Ehe etwas Ernstes über das man nicht spaßt. Diskoartige elektronische Klänge beendeten unseren Meinungsaustausch und bewogen uns den Sitzplatz zu verlassen. Wir folgten der Tönen und erhofften auf eine Berg-Party zu stoßen. Kurze Zeit später fanden wir uns tanzend vor dem Kofferraum eines geparkten Peugeots wieder, welcher im Kofferraum gigantisch große Musiklautsprecher eingebaut hatte. Das Auto gehörte einer achtköpfigen Familie, welche eine kleine Privatparty veranstaltete. Der einzige Sohn saß im Auto und war zum DJ kommandiert wurden, während die fünf Töchter mit ihren Eltern tanzend den Feiertag und den Sonnenuntergang zelebrierten. Fast schon anzüglich rhythmische Bewegungen wagten die jungen Damen als wir sieben Jungs der Tanzerei Gesellschaft leisteten. So wie beim Händeschütteln, darf auch beim Tanzen keine Berührung zwischen den beiden Geschlechtern erfolgen, außer wenn diese von der Frau initiiert wird. Es kam zwar nicht zu einer Berührung, stattdessen eher zu einer Vermählung. Die Mutter wollte anscheinend ihre zweitälteste Tochter mit einem von uns verkuppeln. Vor Sorge vor irgendwelchen Missverständnissen verabschiedeten zügig und zogen von dannen. Die vier iranischen Jungs luden uns zu sich nach Yazd ein, welche wir in ca. 10-12 Tagen dort besuchen werden. Mal sehen was wir dort mit den vier Verrückten erleben werden.
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