Zwischen Feuer und Sand

23 Dez

Heute sollte der Tag mit einem Einblick in die persische Geschichte beginnen. Doch statt unserem geliebtem Saeid, welcher heute ausnahmsweise nicht einen Tag Urlaub unseretwegen erhält, erklärte sich  Akbar bereit, uns weitere Teile der Stadt zu zeigen. Beginnen sollte es mit kleineren religiösen Stätten.

Als die Araber Persien Mitte des 7. Jahrhunderts eingenommen haben, wurden neben vielen Ritualen, Gerichten und Sportarten auch die in Persien verbreitete Religion des Zoroastrismus fast komplett verdrängt. Die Religion basiert auf der Lehre des persischen Propheten Zarathustra, welcher circa 1200 v. Chr lebte. Dieser war es auch, welcher mit der Verkündung des Gottes ‚Ahura Mazda‘ (‚Weiser Herr‘) begann. Laut der Zoroastrier wurde die Welt von Gott gut geschaffen und steht im ständigem Kampf zwischen den guten und bösen Mächten. Jeder Einzelne kann sich nun durch seine Taten für die eine oder andere Seite entscheiden und dadurch sein Schicksal nach dem Tod bestimmen. Ähnlich wie in manch anderen Religionen können die Zoroastier sich durch gute Taten ihren Weg ins Paradies ebnen. Überhaupt erscheint uns, dass der Islam und der Zoroastrismus mehr Gemeinsamkeiten als Gegensätze mit dem Christentum aufweist. Die Religionen der Welt sind sich in vielen Grundgedanken erstaunlich ähnlich.

Zurück zum Zoroastrismus. Gegenwärtig leben im Iran circa 30,000 Anhänger des Zoroastrismus, wobei die Zahl eher schwammig ist. Zwar ist im Iran laut der Verfassung eigentlich die volle Religionsfreiheit gegeben, jedoch wird der öffentliche Raum von islamischen Religionswächtern überwacht und die Ausübung anderer Religionen darf meistens nur im privaten Raum ausgeübt werden. So ist es auch mit dem Zoroastrismus. Zoroastrier vollziehen ihre Rituale meistens vor einer Feuerstelle oder sogar in einem Feuertempel, da das Feuer bei ihnen als reinigende Kraft gilt. Jedoch wurden die meisten Feuertempel in den Jahrhunderten der Zoroastrierverfolgung zerstört und das „Ewige Feuer“ der jeweiligen Tempel zum Erlöschen gebracht. Die im Feuertempel in Yazd leuchtende Flamme ist einer der wenigen erhaltenen ewigen Flammen und gilt als eine Art Pilgerstätte für die wenigen im Iran verbliebenen Zoroastrier.

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Nachdem uns unser muslimisch gläubiger Freund Akbar den Feuertempel gezeigt und erläutert hatte, ging es mal wieder in eine Moschee. Wobei anzumerken ist, dass Akbar ganz und gar nicht abfällig über den Zoroastrismus erzählt hat. Genau im Gegenteil. Fast stolz stellte er uns wenige Tage später zwei Zoroastrische Freunde von ihm und Saeid vor, Abtin und Afshin. Diese schilderten uns auch prompt zwei herauszuhebende Vorteile ihres Glaubens in einem so streng islamischen Land. Ihr Glauben verbietet weder das Konsumieren von Alkohol, noch das intensive Kennenlernen des anderen Geschlechts. Ein doch recht bemerkenswerter Unterschied zu ihren gleichaltrigen muslimischen Freunden. Diese lauschen umso neugieriger deren Erfahrungsberichte über den Umgang mit Frauen und den berauschenden Konsum von Alkohol. Und jetzt ab zur Moschee und zurück zum Islam.

Akbar hatte sich eine kleinere und unbekanntere Moschee für uns ausgesucht, zu der er jedoch einen persönlicheren Bezug hat, da er hier selbst mehrfach beten war. Ihr teilweise trübes Aussehen ist wohlmöglich ihrem Standort geschuldet. Sie liegt etwas außerhalb des Stadtkerns und steht daher wohl nicht sehr weit oben auf der langen Liste der zu renovierenden Moscheen in Yazd.

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Dennoch hat auch sie alles, was eine schiitische Moschee haben muss. Einen Stuhl/Thron, von dem der Mullah predigen kann, viele Teppiche zum Niederknien, mehrere Bände des Korans auf arabisch (nicht persisch) und natürlich die schiitischen Gebetssteine, welche keine wirklichen Steine, sondern zusammenpresste Erde sind

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Nach dem Vorbild vom Propheten Muhammad soll man beim Beten die Stirn auf reine Erde legen. Und da dies meistens nicht möglich ist, wird beim Beten die Stirn auf einen Gebetsstein gelegt. Akbar erklärte uns jedoch, dass er und die anderen Jungs so gut wie immer einen Gebetsstein bei sich tragen würden, sodass man nicht zum Beten umbedingt eine Moschee aufsuchen muss. Zum Abschied ermutigte uns Akbar die Leere der Moschee auszunutzen und für ein ganz besonderes Foto zu posieren: Die Moschee aus der Perspektive des Mullahs zu erblicken. Nach kleinem Protest gaben wir nach… Voilà:

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Aber jetzt ab wie weg! Mit Blasphemie ist gerade und ganz besonders im Iran nicht zu spaßen. Zudem musste Akbar auch zurück zum Unterricht in der Schule. Unser Organisationstalent Saeid hatte jedoch bereits einen neuen Aushilfe-Tourguide für uns organisiert. Sattar war der ausgewählte Freund, welcher sich bereit erklärte, den drei unbekannten deutschen Jungs die Umgebung von Yazd zu zeigen.

Sattar, welcher ein Wasserpfeifen-Café mit seiner Schwester betreibt, überliess das Arbeiten an diesem Tag seiner Schwester und beschloss, uns die Umgebung von Yazd zu zeigen. Ein spannend geplanter Nachmittag stand uns mal wieder bevor! Von einem Highlight durften wir zum nächsten reisen/reiten.

Wir hatten Saied gegenüber in einem Nebensatz erwähnt, dass wir erstaunlich wenig Tiere auf unser langen Reise zu Gesicht bekommen haben. Dies wollte Saied mit Sattars Hilfe anscheinend heute ändern. Daher reisten wir zu allererst etwas außerhalb der Stadt, um einen Freund von Sattar bei seiner Arbeit zu besuchen, welcher täglich von großen Säugetieren umgeben ist. Zufrieden präsentierte uns Sattar unser erstes Reiseziel: einen Pferdehof. Ernüchterung machte sich bei Sattar breit, nachdem wir ihm gestanden, bereits zahlreiche Pferde in Deutschland aus nächster Nähe gesehen zu haben. Sattars Ehrgeiz war aber nun geweckt. Zügig überzeugte er seinen Freund, dass wir uns auf die Pferde hinaufsetzen und auf ihnen in der großen Pferdebox etwas reiten sollten. Gesagt, getan.

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Nach unserem jeweiligen persönlichem Lawrence-of-Arabia-Erlebnis mussten wir die Pferde zurücklassen und zum nächsten Teil des Ausfluges weiterziehen.

Es erwartete uns nun das, worauf der eine oder andere seit Wochen oder Monaten wartete: Einen Ausflug in eine astreine Sandwüste. Schon zappelig im Auto auf und ab hüpfend blickten wir ungeduldig aus den Fenstern, um am Ende des sandigen Brachlands die Wüste entdecken zu können. Die Pfade wurden immer holpriger, die Dörfer immer kleiner, nur die üppigen Sandmengen fehlten noch. Und dann war sie da! Eine idyllisch ruhig liegende Sandwelle erstreckte sich vor uns. Faszinierend. Eine Schönheit, wie sie nur die Natur zu schaffen weiß. 

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Jedoch hatte Sattar noch eine ganz besondere Überraschung für uns. Was wäre schon eine kleine Wüstenexpedition ohne ein Kamel? Das hat sich Sattar wohl auch gedacht. Doch wie kommen wir hier an ein Kamel? Logisch. Sattar ruft selbstverständlich einen Freund an, welcher ein Kamel besitzt. Wer tut das denn auch nicht in solch einer heißen Region. 10 Minuten später tauchte Sattars Bekannter auf und hatte zudem auch noch Sattel und das Gespann dabei. Das Kamel senkte sich majestätisch herab, damit wir es besteigen konnten. Mit einem Ruck stand das Kamel anschliessend wieder auf und man schaukelte leicht in gut zwei Meter Höhe über den feinen Wüstensand.

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Der Ritt in der Hitze zehrte überraschend an unseren Kräften. Die brennende Wüstensonne lässt auch uns schwach werden. Hätte man die beiden Wasserflaschen bloß nicht bei der Ankunft in der Wüste ausgetrunken. Der Hals war nun trocken, die Haut erhitzt, doch der Humor noch da. Trotz der brüllenden Hitze  mussten wir alle vier herzhaft los lachen als wir sahen, wie das Kamel nach Hause geführt wird. Ach, wo waren wir gelandet? Was für ein Paradis!

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2 Antworten to “Zwischen Feuer und Sand”

  1. Saeid März 15, 2014 um 5:56 pm #

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