Im orientalischen Istanbul

11 Aug

Der Nachteil der nächtlichen Ankunft in einer so großen und fremden Stadt wie Istanbul liegt auf der Hand. Man kann schwer einschätzen, wo ein ruhiger und sicherer Schlafplatz ist. Kurzerhand entschlossen wir uns in der Innenstadt zu parkieren, um in der Nähe der Touristenattraktionen aufzuwachen. Doch schon beim Morgengrauen mussten wir lernen, dass die gläubigen Muslime nach dem Sprichwort leben: „Der frühe Vogel fängt den Wurm“. Unser Schlafplatz zwischen den zwei größten und wohlmöglich lautesten Moscheen der Türkei ermöglichte es uns, dem mit Hilfe von Lautsprechern vorgetragenem morgendlichen Gebet „Allahu akbar“ unmissverständlich zu lauschen. Kurz darauf klopfte es an unserer Fahrertür. Ein Mann, welcher sich als Concierge eines großen Hotels herausstellte, bat uns die nicht beschilderte Hoteleinfahrt zu verlassen. Schlaftrunken begannen wir mit dem Abbau des aufklappbaren Daches und dem Zusammenlegen der Gardinen. Anhand der skeptischen Blicke der vorbeilaufenden Fußgänger wurde uns schnell klar, dass es sich nicht schickt, in der Öffentlichkeit nur mit einer Boxershorts bekleidet zu sein.

Auf der Suche nach einem Schlafplatz für die kommende Nacht entdeckten wir erstaunlicherweise einen zentralen kleinen Campingplatz direkt am Bosporus. Auf dem übersichtlichen Parkplatz gab es zwar keine hygienischen Anlagen und Elektrizität, dafür eine wunderbare Aussicht. Zudem macht Not erfinderisch. Wir einigten uns, dass jeder mit einem Liter Wasser zum shampoonieren und 0,5 Liter zum Abspülen auskommen und sich in der Geschirrbox waschen darf.

Frisch wie eh und je machten wir startklar fuer einen komprimmierten Sightseeing-Tag. Die bewundernswerte blaue Moschee erweckte durch ihre pompöse Größe unser Interesse und lockte uns hinein. Während zwei von uns sich über die Tatsache unterhielten, dass  für die Frauen ein abgegrenzter Bereich im hinteren Teil der Moschee zum beten vorgesehen war, las Max sich wissbegierig den Islam-Flyer durch. Fast schon begeisternd berichtete er uns von den fünf Säulen des Islams, Muhammad und Allah. Reist Max als konvertierter Mann zurück? Nein, dafür war der Flyer doch nicht überzeugend genug.

Danach folgte die Aya Sofia (heilige Sofia). Sie wurde im Jahr 537 fertiggestellt und galt als größte Kirche des Christentums. Im Jahr 1453 wurde sie zu einer Moschee umgewandelt und rund fünfhundert Jahre später von Atatürk zum Museum proklamiert. Die Melange der Religionen ist heute noch spürbar.

Nach dem Erwerb von zwei wunderbar runtergehandelten türkischen Kopfkissenbezügen auf dem großem Bazar, gönnten wir uns eine Bootstour über den Bosporus. Anstatt auf dem überschaubar großem Campingplatz zu nächtigen, auf dem wir auch zwei Belgier mit der Luxus variante unserer Susi (einem umgebauten Unimog) trafen, beschlossen wir noch in dieser Nacht asiatischen Boden zu betreten. Auf dem Weg zur einzigartigen Brücke zwischen dem europäischen und asiatischen Teil der Türkei nahmen wir uns die Zeit für einen kleinen letzten Abstecher: Taksim Square. Von den Protesten, Zusammenstößen und der geladenen Stimmung war jedoch nichts mehr zu sehen. Die Lage scheint sich in Istanbul vorerst entspannt zu haben. Beruhigt konnten wir weiter in Richtung Asien reisen.

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